Hartmut Weber, Architekt und Regionalbeauftragter des REGIO, Eurasburg

Hartmut Weber ist Architekt und als Gründungsmitglied unseres Vereins von Anfang an beim REGIO aktiv.

„Die Krise als Chance“ – Was bedeutet das für Ihren Verein?

Wir sind die Initiatoren des REGIO hier im Oberland und in München. Mit diesem anderen Geld wird ein verfallendes, nach Waren angeglichenes (natürliches) Geld in Umlauf gebracht. Die Idee ist leider schwer vermittelbar, weil der Vorteil auf den ersten Blick wie ein Nachteil wirkt. Geld das durch Lagern ähnlich wie die Waren an Wert verliert, vermittelt sich nicht gut.

Für mich ist die REGIO-Initiative im Wesentlichen (noch) eine praktische Spielebene, die aufzeigen will, dass andere und bessere Geldsysteme möglich sind. Im Grunde ist es jedoch ein Modell, das für die Zentralbanken gedacht ist. Geld kommt so aus dem Kreislauf wieder heraus, was im jetzigen System nicht möglich ist – außer durch Inflation. Das gehortete und zurückgehaltene Geld soll so kontinuierlich in den Kreislauf gebracht werden zum Wohle aller. Zins und Zinseszins müsste nicht abgeschafft werden sondern würde ganz von selbst an Bedeutung verlieren. Reales, natürliches, verfallendes Geld kann parallel ins System eingebracht werden, ein Grundeinkommen könnte z.B. damit bezahlt werden. Experimente sind erforderlich – und der Mut dazu.

Gehen auch Sie das Thema „Raus aus der Krise“ aktiv an? Welche Schritte unternehmen Sie?

Die Krise führt zu einer Renaissance der Ideen über das „Realgeld“. Fließendes, natürliches bzw. biologisches Geld wie unser REGIO kommt immer mehr ins Gespräch. Zudem beinhaltet der REGIO einen regionalen Aspekt. Auch das Grundeinkommen ist eine vorausschauende Idee, die immer mehr Anhänger findet. Es gibt viele verschiedene Initiativen in der ganzen Welt, die diese systemübergreifenden Gedanken aufgreifen. Es macht Sinn, sich daran zu beteiligen. Man kann also was tun zum Thema „Raus aus der Krise“.

Aus Krisenerfahrung kann man viele neue Ideen mitnehmen. Wie sehen Sie das, welche Möglichkeiten ergeben sich daraus für Sie?

Die Krise hat zu Erkennen gegeben, dass maßgebliche Wirtschaftwissenschaftler und Finanzexperten hilflos und ratlos dastehen. Keiner der die Regierung beratenden so genannten Wirtschaftsweisen hat die Krise vorausgesagt bzw. voraussagen dürfen. Fragt sich, ob da die Weisheit zuhause ist. Wie auch, alle glauben an eine Theorie, die zwar an den Hochschulen gelehrt wird und allgemeines Fachwissen darstellt, die aber nicht stimmt, zumindest nicht, wenn man das manisch-depressive Wirtschaftsgeschehen als Krankheit ansieht. Durch das Versagen der Experten haben die mahnenden Stimmen und der gesunde Menschenverstand wieder Aufwertung bekommen. Vertrauen wir doch einfach mehr darauf.

Das Geschehen in der Welt stimmt so nicht, das ist offensichtlich. So wie die Droge dem Süchtigen Erleichterung und Wohlgefühl verschafft, so lässt die Abwrackprämie und das Konjunkturprogramm uns glauben, mit der Wirtschaft ginge es wieder aufwärts. Im akuten Suchtfall ist die Verabreichung der Droge tatsächlich das erste Mittel.

Die Goldenen Zwanziger wurden als manische Phase begeistert gelebt und mit der dazugehörenden Depression bezahlt, ebenso die „roaring nineties“ mit den entsprechenden Kauf- und Spekulationsexzessen wie wir sie kennen. Im neuen Jahrtausend dann die ersten depressiven Verstimmungen, die sich meiner Meinung nach zum kompletten Krankheitsbild entwickeln werden. Das ist die schlichte Logik des Systems. Die Frage wäre: Was lässt uns und unsere Ökonomie gesunder werden?“

Die Fragen stellte Sabrina Schwenger.